Dracula von Bram Stoker
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Dracula von Bram Stoker
Dracula ist der Titel eines Romans von Bram Stoker aus dem Jahr 1897 sowie der Name der zentralen Figur, Graf Dracula, des wohl berühmtesten Vampirs der Literaturgeschichte. Ins kollektive Gedächtnis gelangte er vor allem auch durch unzählige Verfilmungen des Stoffes, besonders in den Darstellungen von Max Schreck, Christopher Lee, Bela Lugosi, Klaus Kinski und Gary Oldman.
Handlung
Zur Zeit der Romanvorlage, Ende des 19. Jahrhunderts, ist Transsilvanien ein Teil der k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn und liegt im Königreich Ungarn. Heute zählt dieses Gebiet zu Rumänien.
Um dem Grafen Dracula ein Haus in London zu verkaufen, reist der Londoner Rechtsanwalt Jonathan Harker nach Transsilvanien. Niemand wagt sich in die Nähe des Schlosses, eine Anwohnerin übergibt Harker ein Kruzifix, um ihn zu schützen. Bald darauf wird er von einem Kutscher abgeholt und zum Wohnsitz des Grafen begleitet. Die ersten Tage verlaufen ruhig, doch Harker wird gebeten, einige Räume nicht zu betreten, er verspricht, sich daran zu halten. Er bemerkt, dass der Graf kein Spiegelbild hat und einen gierigen Gesichtsausdruck beim Anblick von Harkers Blut bekommt, als dieser sich bei der Rasur schneidet. Bald wird der Graf dem jungen Engländer unheimlich, schon allein seine äußerliche Erscheinung ist seltsam: lange, sehr weiße, spitze Zähne und auffällig rote Lippen.
Harker darf das Schloss nicht verlassen und wird des Nachts Zeuge, wie Dracula eine Wand herabklettert, als sei er eine Eidechse. Außerdem wird er davor gewarnt, in keinem anderen Zimmer einzuschlafen als in seinem eigenen. Eines Tages betritt er ein neues Zimmer, schläft ein und wird von drei sehr hübschen jungen Frauen entdeckt, die wie der Graf ungewöhnlich rote Lippen und spitze, leuchtende Zähne haben. Harker stellt sich schlafend und wird von einer der Frauen fast gebissen, doch Dracula erscheint plötzlich und hält die Frau davon ab. Der Graf lässt erkennen, dass er den jungen Harker für sich haben will und wirft den Damen einen Sack mit einem darin gefangenen wimmernden Kind vor, auf das sie sich hungrig stürzen.
Seit diesem Erlebnis hat Harker Todesangst, er rechnet mit seinem baldigen Tod. Immer wieder zwingt ihn der Graf, Briefe mit unverfänglichem Inhalt an seine Verlobte und seinen Arbeitgeber zu schicken. Einmal bietet ihm der Graf in scheinbarer Freundlichkeit Gelegenheit zur Flucht, doch Harker traut sich nicht an den vom Grafen beherrschten Wölfen vorbei, die zuvor eine Frau zerfleischt hatten. Harker entdeckt eine Gruft des Schlosses, in der Dracula tagsüber in einer mit Erde gefüllten Kiste liegt, die zusammen mit 49 weiteren Kisten auf dem Schiff Demeter nach England gebracht wird. Dem jungen Mann gelingt schließlich doch noch die Flucht aus dem Schloss.
Gut einen Monat später läuft das Schiff in einem schweren Unwetter in den Hafen der Stadt Whitby (Grafschaft Yorkshire) ein. Die Mannschaft scheint bis auf den an das Steuer gebundenen toten Kapitän verschwunden zu sein, und im Augenblick der Landung der 'Demeter' im Hafen springt ein großer schwarzer Hund an Land und verschwindet. Aus dem Logbuch des Kapitäns erfährt man, dass sich offenbar "etwas" bzw. "ein fremder Mann" an Bord befunden habe und die Mannschaft Matrose für Matrose verschwand, bis nur noch der Kapitän übrig blieb.
Wilhelmina 'Mina' Murray, Jonathan Harkers Verlobte, ist zu ihrer Freundin Lucy Westenra nach Whitby gefahren. Hier ereignen sich nun eigenartige Dinge. Lucy erkrankt an einem starken Somnambulismus, und Mina bemerkt eines Tages zwei punktförmige Male am Hals ihrer Freundin. Da Lucys Verlobter Arthur Holmwood wegen einer schweren Erkrankung seines Vaters Lord Godalming wenig Zeit hat, sich um seine Braut zu kümmern, und weil Lucys Mutter ebenfalls schwer krank ist, bittet er seinen Freund, den Irrenarzt Dr. John Seward, der ebenfalls um Lucys Gunst geworben hat, sich um sie zu kümmern.
Seward ist der Leiter einer Anstalt neben der Carfax Abbey, dem zukünftigen Heim Draculas. In seiner Pflege befindet sich auch ein Mann namens Renfield, der eigenartige Vorlieben für das Verspeisen von Insekten, Spinnen und Kleintieren hat. Seward weiß sich in Bezug auf Lucys Krankheit keinen Rat und benachrichtigt seinen ehemaligen Lehrer, den holländischen Gelehrten Professor Abraham van Helsing. Dieser weiß sofort, dass er es mit einem Vampir zu tun hat - was er jedoch zunächst verschweigt - und veranlasst Holmwood, seiner Verlobten wegen ihres starken Blutverlustes eine Blutspende zu geben.
Lucy wird jedoch in den darauffolgenden Nächten erneut heimgesucht, auch weil ihre unwissende Mutter die zum Schutz ihrer Tochter aufgehängten Knoblauchblüten entfernt hat. Nachdem sie in einer Nacht dem in der Gestalt eines Wolfes auftretenden Vampir begegnet, stirbt Lucy, obwohl auch Dr. Seward, Prof. van Helsing und der Amerikaner Quincey P. Morris, ein weiterer Verehrer Lucys, Blut für sie spenden. Lucy wird zur Untoten.
Jonathan Harker ist inzwischen zurückgekehrt, nachdem er drei Monate in einem Krankenhaus in Budapest zugebracht hat und dort Mina, die ihn in Ungarn besucht hat, geheiratet hat. Unterdessen ist Arthurs Vater gestorben, und Hawkins, der Vorgesetzte Harkers, stirbt ebenfalls kurz nach der Heimkehr Jonathans. Durch Harkers Tagebuch informiert, ist van Helsing fest entschlossen, mit den anderen den Vampir zu jagen und zu töten. Zunächst einmal muss die Gruppe Lucy von dem Fluch befreien und sie daran hindern, ihr nächtliches Unwesen zu treiben. Dazu schlägt ihr Verlobter ihr einen Holzpflock ins Herz. Ferner wird ihr Kopf abgetrennt und mit Knoblauch gefüllt.
Danach beginnt die Gruppe eine Suchaktion nach dem Vampir durch London, da die erdgefüllten Kisten auf verschiedene Orte der Stadt verteilt worden sind. Mina bleibt derweil in Sewards Heilanstalt, wo sie jedoch von Dracula heimgesucht wird. Er veranstaltet mit Mina eine Art 'Bluthochzeit', indem er sie dazu zwingt, sein Blut zu trinken. Außerdem tötet er Renfield, nachdem dieser ihm Einlass zur Anstalt verschafft hat.
Der Vampir kann zunächst von den Männern in die Flucht geschlagen werden und tritt seine Rückreise nach Transsylvanien an. Mina bekommt von van Helsing eine Hostie auf die Stirn gelegt, die ein Brandmal hinterlässt. Mina kennt durch ihre Blutsverbindung mit dem Grafen dessen jeweiligen Aufenthaltsort und kann ihn den anderen unter Hypnose mitteilen. Mittels dieses 'Kompasses' beginnt die Gruppe nun, den Grafen, der auf dem Weg in seine Heimat ist, mit der Eisenbahn zu verfolgen.
Sie schaffen es nicht, Draculas Schiff im Hafen von Warna (Bulgarien) abzufangen und müssen sich auf den Weg zu seinem Schloss machen. Dort können sie ihn kurz vor Sonnenuntergang stellen. Nachdem sie erfolgreich gegen die Zigeuner, die die Kiste transportiert haben, gekämpft haben, töten sie den Vampir mit Bowiemesser und Gurkhadolch. Sein Körper zerfällt, und Minas Narbe verschwindet. Zu beklagen ist jedoch der Tod von Quincey P. Morris, dem die Zigeuner tödliche Verletzungen zugefügt haben.
Sieben Jahre später bekommt Mina von Jonathan ein Kind, das die Eltern Quincey nennen, um immer an ihren Freund zu denken, der bei der Vernichtung des Grafen Dracula umgekommen ist.
Aufbau
Der Roman ist eine Mischung aus Reise-, Liebes-, Abenteuerroman und Schauergeschichte und besteht formal aus einer Folge von Tagebucheintragungen, Mitschriften von Phonographaufnahmen, Briefen und Zeitungsartikeln. Um jedoch die Protagonisten einheitlich handeln zu lassen und Missverständnisse zwischen ihnen zu vermeiden, weiht der Autor die Figuren jeweils in die Gedanken und Aufzeichnungen der anderen ein, indem er einzelne Personen die Tagebücher der übrigen lesen lässt, so zum Beispiel Van Helsing die Notizen Jonathan Harkers.
Die Tatsache, dass im Roman ein einzelner subjektiver Erzähler fehlt, verleiht dem Ganzen ein dokumentarisches und pseudoreales Gepräge. Zudem kann das Werk als Vorläufer der personalen Erzählstruktur angesehen werden. Der Tagebuchcharakter bewirkt beim Leser eine Unmittelbarkeit, die jedoch dadurch wieder abgeschwächt wird, dass den einzelnen Aufzeichnungen jeglicher individueller Stil abgeht.
Hintergrund
Dracula ist der erste Vampirroman der Literaturgeschichte und steht am Ende einer ganzen Reihe von Geschichten über Vampire, die in der Romantik und später im 19. Jahrhundert zu einem beliebten Topos der Literatur wurden. Darüber hinaus wird er dem Genre des Schauerromans zugeordnet, weil Stoker Elemente wie alte Schlösser, Ahnenflüche und übernatürliche Erscheinungen in seinem Roman verwendet.
Besonders beeinflusst und beeindruckt war Stoker von der Erzählung Carmilla des Iren Joseph Sheridan Le Fanu. So sollte auch Stokers Roman zunächst in der Steiermark spielen und in einem Einführungskapitel ließ er seinen Protagonisten Jonathan Harker das Grab der Vampirin entdecken. Stoker entschied sich jedoch für Transsylvanien. Das Einleitungskapitel wurde herausgenommen und später als Kurzgeschichte unter dem Titel Draculas Gast veröffentlicht.
Stoker verlegte den Handlungsort auch deswegen, weil er auf eine historische Gestalt gestoßen war, die prädestiniert schien, von ihm zur Romanfigur umgearbeitet zu werden, den realen Dracula. In London war Stoker Mitglied einer okkulten Loge. Bei einem dieser Treffen lernte er den ungarischen Orientalisten Armin Vambery kennen. Durch diesen wurde Bram Stoker auf die zahlreichen Legenden und Märchen um Vlad „Ţepeş” (Vlad den Pfähler) aufmerksam und verwendete sie möglicherweise als Vorbild für seinen Roman. Vambery wird im Roman sogar namentlich von van Helsing erwähnt.
Bei dem Treffen war auch der Schauspieler und Shakespeare-Interpret Sir Henry Irving zugegen, dessen Agent Stoker war. Mit ihm verband Stoker eine lange Freundschaft, aber ihr Verhältnis soll ambivalent gewesen sein, denn Stoker orientierte sich beim Aussehen seiner literarischen Figur an den Gesichtszügen seines Klienten. Warum er dem Widersacher Draculas, van Helsing, ausgerechnet seinen eigenen Vornamen (Abraham) gab, wäre „vom psychoanalytischen Standpunkt … interessant zu hinterfragen“ (Prüßmann).
Der Fürst und Feldherr Vlad III. Drăculea (1431–1476) lebte in der Walachei. Seinen Beinamen „Sohn des Drachen“ (oft falsch als „Sohn des Teufels“ übersetzt, im Mittelalter aber ein Synonym von dragon = Drache) erhielt er von seinem Vater Vlad II. Dracul, der von Kaiser Sigismund in Nürnberg in den Drachenorden aufgenommen wurde.
Vlad war berüchtigt für seine Grausamkeit im Kampf gegen die Türken, Ungarn, innenpolitische Gegner und vor allem gegen Gesetzesbrecher. Seine Feinde ließ er bei lebendigem Leib auf eiserne oder hölzerne Pfähle spießen („pfählen“), was einen langen qualvollen Tod bedeutete. Deswegen nannte man ihn auch „Vlad den Pfähler“ oder in seiner Landessprache: „Vlad Ţepeş“ ('Tzepesch' ausgesprochen). Trotz seiner Grausamkeit verlor er letztlich den Krieg gegen die Türken, nachdem er mehrmals vom Thron gestoßen worden war, zurückkehrte und immer wieder die Seiten in der Auseinandersetzung zwischen Ungarn und Osmanischen Reich gewechselt hatte.
Um diesen Mann rankten sich schon zu Lebzeiten zahlreiche Legenden. Auch heute gehen die Meinungen über ihn auseinander. So wird er einerseits als einer der schlimmsten Massenmörder der Geschichte bezeichnet, andererseits wird betont, dass er zwar grausam gewesen sei, aber nicht mehr als zu seiner Zeit üblich. Auch gibt es Theorien, dass das Bild von ihm maßgeblich von Hetzschriften der in der Gegend ansässigen Siebenbürger Sachsen geprägt war, die ihn als Monster darstellten. Im rumänischen Sozialismus Ceauşescu'scher Prägung galt er als Volksheld, Patriot und großer Heerführer.
Die Vorbildfunktion von Vlad III. für Stokers Dracula ist jedoch schon seit einiger Zeit nicht mehr unumstritten. So argumentiert Elizabeth Miller, dass tatsächlich keinerlei biographische Details von Vlad III. in Stokers Dracula wieder auftauchen. Schon dies allein sei auffällig, wäre sein Beiname „der Pfähler“ und der Hintergrund dieses Beinamens doch gerade zu prädestiniert für die Figur des Dracula gewesen. Eine genaue Studie von der einzigen nachweisbaren Quelle Stokers zur Namensherkunfts Draculas (William Wilkinsons An Account of the Principalities of Wallachia and Moldavia) würde zeigen, dass dieses sich hauptsächlich auf den Vater von Vlad III., der ebenfalls den Beinamen Dracula trug, bezieht. Der Grund, weshalb Stoker diesen Namen für seinen Vampir wählte, dürfte demnach allein in der in Wilkinsons Buch angegebenen, jedoch falschen oder zumindest ungenauen Übersetzung des Namens Dracula als „Teufel“ zu suchen sein.
Das gnadenlose Monster konnte zum Sympathieträger werden, weil es die Überwindung der aristokratischen Herrschaft symbolisierte. Der Aristokrat war bis zum Ersten Weltkrieg die wichtigste gesellschaftliche Autorität. Dracula als Graf mit dargestellter dämonischer Besessenheit, täuscht in seiner Person, den endlich entmachteten gnädigen Herren vor, um seine wahre teuflische Gestalt zu verbergen.
Wie Karl May ist auch Stoker niemals an den „exotischen“ Orten seines Romans gewesen. Er stellte umfangreiche Nachforschungen an und durchforstete Bibliotheken und Archive, vor allem die des Britischen Museums. Als Unterlagen dienten ihm Militärkarten, Vampirsagen (Sonne/Knoblauch meiden, lange Zähne, Blut trinken) und Berichte englischer Reisender. Seine Recherchen waren so genau, dass selbst die Zugfahrpläne, die im Roman genannt werden, mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Diese und andere Daten entnahm er einem damals geläufigen Reiseführer, dem Baedeker für Österreich-Ungarn, der 1895 bereits in der 24. Auflage erschien. Bei einer solchen Akribie fallen die Fehler, die Stoker unterliefen, kaum ins Gewicht. So machte er aus Dracula einen Szekler, obwohl der historische Fürst ein Walache war. Auch schilderte er die transsylvanische Landschaft düsterer, als sie in Wirklichkeit ist.
Der österreichische Dokumentarfilm Die Vampirprinzessin stellte 2007 die Theorie vor, Eleonore von Schwarzenberg, eine Adlige aus dem böhmischen Hause Lobkowitz, solle für Stokers Roman als Inspiration gedient haben, da diese vom Volk als Vampirin gesehen worden sei.
Quelle: Wikipedia.de
Handlung
Zur Zeit der Romanvorlage, Ende des 19. Jahrhunderts, ist Transsilvanien ein Teil der k.u.k. Monarchie Österreich-Ungarn und liegt im Königreich Ungarn. Heute zählt dieses Gebiet zu Rumänien.
Um dem Grafen Dracula ein Haus in London zu verkaufen, reist der Londoner Rechtsanwalt Jonathan Harker nach Transsilvanien. Niemand wagt sich in die Nähe des Schlosses, eine Anwohnerin übergibt Harker ein Kruzifix, um ihn zu schützen. Bald darauf wird er von einem Kutscher abgeholt und zum Wohnsitz des Grafen begleitet. Die ersten Tage verlaufen ruhig, doch Harker wird gebeten, einige Räume nicht zu betreten, er verspricht, sich daran zu halten. Er bemerkt, dass der Graf kein Spiegelbild hat und einen gierigen Gesichtsausdruck beim Anblick von Harkers Blut bekommt, als dieser sich bei der Rasur schneidet. Bald wird der Graf dem jungen Engländer unheimlich, schon allein seine äußerliche Erscheinung ist seltsam: lange, sehr weiße, spitze Zähne und auffällig rote Lippen.
Harker darf das Schloss nicht verlassen und wird des Nachts Zeuge, wie Dracula eine Wand herabklettert, als sei er eine Eidechse. Außerdem wird er davor gewarnt, in keinem anderen Zimmer einzuschlafen als in seinem eigenen. Eines Tages betritt er ein neues Zimmer, schläft ein und wird von drei sehr hübschen jungen Frauen entdeckt, die wie der Graf ungewöhnlich rote Lippen und spitze, leuchtende Zähne haben. Harker stellt sich schlafend und wird von einer der Frauen fast gebissen, doch Dracula erscheint plötzlich und hält die Frau davon ab. Der Graf lässt erkennen, dass er den jungen Harker für sich haben will und wirft den Damen einen Sack mit einem darin gefangenen wimmernden Kind vor, auf das sie sich hungrig stürzen.
Seit diesem Erlebnis hat Harker Todesangst, er rechnet mit seinem baldigen Tod. Immer wieder zwingt ihn der Graf, Briefe mit unverfänglichem Inhalt an seine Verlobte und seinen Arbeitgeber zu schicken. Einmal bietet ihm der Graf in scheinbarer Freundlichkeit Gelegenheit zur Flucht, doch Harker traut sich nicht an den vom Grafen beherrschten Wölfen vorbei, die zuvor eine Frau zerfleischt hatten. Harker entdeckt eine Gruft des Schlosses, in der Dracula tagsüber in einer mit Erde gefüllten Kiste liegt, die zusammen mit 49 weiteren Kisten auf dem Schiff Demeter nach England gebracht wird. Dem jungen Mann gelingt schließlich doch noch die Flucht aus dem Schloss.
Gut einen Monat später läuft das Schiff in einem schweren Unwetter in den Hafen der Stadt Whitby (Grafschaft Yorkshire) ein. Die Mannschaft scheint bis auf den an das Steuer gebundenen toten Kapitän verschwunden zu sein, und im Augenblick der Landung der 'Demeter' im Hafen springt ein großer schwarzer Hund an Land und verschwindet. Aus dem Logbuch des Kapitäns erfährt man, dass sich offenbar "etwas" bzw. "ein fremder Mann" an Bord befunden habe und die Mannschaft Matrose für Matrose verschwand, bis nur noch der Kapitän übrig blieb.
Wilhelmina 'Mina' Murray, Jonathan Harkers Verlobte, ist zu ihrer Freundin Lucy Westenra nach Whitby gefahren. Hier ereignen sich nun eigenartige Dinge. Lucy erkrankt an einem starken Somnambulismus, und Mina bemerkt eines Tages zwei punktförmige Male am Hals ihrer Freundin. Da Lucys Verlobter Arthur Holmwood wegen einer schweren Erkrankung seines Vaters Lord Godalming wenig Zeit hat, sich um seine Braut zu kümmern, und weil Lucys Mutter ebenfalls schwer krank ist, bittet er seinen Freund, den Irrenarzt Dr. John Seward, der ebenfalls um Lucys Gunst geworben hat, sich um sie zu kümmern.
Seward ist der Leiter einer Anstalt neben der Carfax Abbey, dem zukünftigen Heim Draculas. In seiner Pflege befindet sich auch ein Mann namens Renfield, der eigenartige Vorlieben für das Verspeisen von Insekten, Spinnen und Kleintieren hat. Seward weiß sich in Bezug auf Lucys Krankheit keinen Rat und benachrichtigt seinen ehemaligen Lehrer, den holländischen Gelehrten Professor Abraham van Helsing. Dieser weiß sofort, dass er es mit einem Vampir zu tun hat - was er jedoch zunächst verschweigt - und veranlasst Holmwood, seiner Verlobten wegen ihres starken Blutverlustes eine Blutspende zu geben.
Lucy wird jedoch in den darauffolgenden Nächten erneut heimgesucht, auch weil ihre unwissende Mutter die zum Schutz ihrer Tochter aufgehängten Knoblauchblüten entfernt hat. Nachdem sie in einer Nacht dem in der Gestalt eines Wolfes auftretenden Vampir begegnet, stirbt Lucy, obwohl auch Dr. Seward, Prof. van Helsing und der Amerikaner Quincey P. Morris, ein weiterer Verehrer Lucys, Blut für sie spenden. Lucy wird zur Untoten.
Jonathan Harker ist inzwischen zurückgekehrt, nachdem er drei Monate in einem Krankenhaus in Budapest zugebracht hat und dort Mina, die ihn in Ungarn besucht hat, geheiratet hat. Unterdessen ist Arthurs Vater gestorben, und Hawkins, der Vorgesetzte Harkers, stirbt ebenfalls kurz nach der Heimkehr Jonathans. Durch Harkers Tagebuch informiert, ist van Helsing fest entschlossen, mit den anderen den Vampir zu jagen und zu töten. Zunächst einmal muss die Gruppe Lucy von dem Fluch befreien und sie daran hindern, ihr nächtliches Unwesen zu treiben. Dazu schlägt ihr Verlobter ihr einen Holzpflock ins Herz. Ferner wird ihr Kopf abgetrennt und mit Knoblauch gefüllt.
Danach beginnt die Gruppe eine Suchaktion nach dem Vampir durch London, da die erdgefüllten Kisten auf verschiedene Orte der Stadt verteilt worden sind. Mina bleibt derweil in Sewards Heilanstalt, wo sie jedoch von Dracula heimgesucht wird. Er veranstaltet mit Mina eine Art 'Bluthochzeit', indem er sie dazu zwingt, sein Blut zu trinken. Außerdem tötet er Renfield, nachdem dieser ihm Einlass zur Anstalt verschafft hat.
Der Vampir kann zunächst von den Männern in die Flucht geschlagen werden und tritt seine Rückreise nach Transsylvanien an. Mina bekommt von van Helsing eine Hostie auf die Stirn gelegt, die ein Brandmal hinterlässt. Mina kennt durch ihre Blutsverbindung mit dem Grafen dessen jeweiligen Aufenthaltsort und kann ihn den anderen unter Hypnose mitteilen. Mittels dieses 'Kompasses' beginnt die Gruppe nun, den Grafen, der auf dem Weg in seine Heimat ist, mit der Eisenbahn zu verfolgen.
Sie schaffen es nicht, Draculas Schiff im Hafen von Warna (Bulgarien) abzufangen und müssen sich auf den Weg zu seinem Schloss machen. Dort können sie ihn kurz vor Sonnenuntergang stellen. Nachdem sie erfolgreich gegen die Zigeuner, die die Kiste transportiert haben, gekämpft haben, töten sie den Vampir mit Bowiemesser und Gurkhadolch. Sein Körper zerfällt, und Minas Narbe verschwindet. Zu beklagen ist jedoch der Tod von Quincey P. Morris, dem die Zigeuner tödliche Verletzungen zugefügt haben.
Sieben Jahre später bekommt Mina von Jonathan ein Kind, das die Eltern Quincey nennen, um immer an ihren Freund zu denken, der bei der Vernichtung des Grafen Dracula umgekommen ist.
Aufbau
Der Roman ist eine Mischung aus Reise-, Liebes-, Abenteuerroman und Schauergeschichte und besteht formal aus einer Folge von Tagebucheintragungen, Mitschriften von Phonographaufnahmen, Briefen und Zeitungsartikeln. Um jedoch die Protagonisten einheitlich handeln zu lassen und Missverständnisse zwischen ihnen zu vermeiden, weiht der Autor die Figuren jeweils in die Gedanken und Aufzeichnungen der anderen ein, indem er einzelne Personen die Tagebücher der übrigen lesen lässt, so zum Beispiel Van Helsing die Notizen Jonathan Harkers.
Die Tatsache, dass im Roman ein einzelner subjektiver Erzähler fehlt, verleiht dem Ganzen ein dokumentarisches und pseudoreales Gepräge. Zudem kann das Werk als Vorläufer der personalen Erzählstruktur angesehen werden. Der Tagebuchcharakter bewirkt beim Leser eine Unmittelbarkeit, die jedoch dadurch wieder abgeschwächt wird, dass den einzelnen Aufzeichnungen jeglicher individueller Stil abgeht.
Hintergrund
Dracula ist der erste Vampirroman der Literaturgeschichte und steht am Ende einer ganzen Reihe von Geschichten über Vampire, die in der Romantik und später im 19. Jahrhundert zu einem beliebten Topos der Literatur wurden. Darüber hinaus wird er dem Genre des Schauerromans zugeordnet, weil Stoker Elemente wie alte Schlösser, Ahnenflüche und übernatürliche Erscheinungen in seinem Roman verwendet.
Besonders beeinflusst und beeindruckt war Stoker von der Erzählung Carmilla des Iren Joseph Sheridan Le Fanu. So sollte auch Stokers Roman zunächst in der Steiermark spielen und in einem Einführungskapitel ließ er seinen Protagonisten Jonathan Harker das Grab der Vampirin entdecken. Stoker entschied sich jedoch für Transsylvanien. Das Einleitungskapitel wurde herausgenommen und später als Kurzgeschichte unter dem Titel Draculas Gast veröffentlicht.
Stoker verlegte den Handlungsort auch deswegen, weil er auf eine historische Gestalt gestoßen war, die prädestiniert schien, von ihm zur Romanfigur umgearbeitet zu werden, den realen Dracula. In London war Stoker Mitglied einer okkulten Loge. Bei einem dieser Treffen lernte er den ungarischen Orientalisten Armin Vambery kennen. Durch diesen wurde Bram Stoker auf die zahlreichen Legenden und Märchen um Vlad „Ţepeş” (Vlad den Pfähler) aufmerksam und verwendete sie möglicherweise als Vorbild für seinen Roman. Vambery wird im Roman sogar namentlich von van Helsing erwähnt.
Bei dem Treffen war auch der Schauspieler und Shakespeare-Interpret Sir Henry Irving zugegen, dessen Agent Stoker war. Mit ihm verband Stoker eine lange Freundschaft, aber ihr Verhältnis soll ambivalent gewesen sein, denn Stoker orientierte sich beim Aussehen seiner literarischen Figur an den Gesichtszügen seines Klienten. Warum er dem Widersacher Draculas, van Helsing, ausgerechnet seinen eigenen Vornamen (Abraham) gab, wäre „vom psychoanalytischen Standpunkt … interessant zu hinterfragen“ (Prüßmann).
Der Fürst und Feldherr Vlad III. Drăculea (1431–1476) lebte in der Walachei. Seinen Beinamen „Sohn des Drachen“ (oft falsch als „Sohn des Teufels“ übersetzt, im Mittelalter aber ein Synonym von dragon = Drache) erhielt er von seinem Vater Vlad II. Dracul, der von Kaiser Sigismund in Nürnberg in den Drachenorden aufgenommen wurde.
Vlad war berüchtigt für seine Grausamkeit im Kampf gegen die Türken, Ungarn, innenpolitische Gegner und vor allem gegen Gesetzesbrecher. Seine Feinde ließ er bei lebendigem Leib auf eiserne oder hölzerne Pfähle spießen („pfählen“), was einen langen qualvollen Tod bedeutete. Deswegen nannte man ihn auch „Vlad den Pfähler“ oder in seiner Landessprache: „Vlad Ţepeş“ ('Tzepesch' ausgesprochen). Trotz seiner Grausamkeit verlor er letztlich den Krieg gegen die Türken, nachdem er mehrmals vom Thron gestoßen worden war, zurückkehrte und immer wieder die Seiten in der Auseinandersetzung zwischen Ungarn und Osmanischen Reich gewechselt hatte.
Um diesen Mann rankten sich schon zu Lebzeiten zahlreiche Legenden. Auch heute gehen die Meinungen über ihn auseinander. So wird er einerseits als einer der schlimmsten Massenmörder der Geschichte bezeichnet, andererseits wird betont, dass er zwar grausam gewesen sei, aber nicht mehr als zu seiner Zeit üblich. Auch gibt es Theorien, dass das Bild von ihm maßgeblich von Hetzschriften der in der Gegend ansässigen Siebenbürger Sachsen geprägt war, die ihn als Monster darstellten. Im rumänischen Sozialismus Ceauşescu'scher Prägung galt er als Volksheld, Patriot und großer Heerführer.
Die Vorbildfunktion von Vlad III. für Stokers Dracula ist jedoch schon seit einiger Zeit nicht mehr unumstritten. So argumentiert Elizabeth Miller, dass tatsächlich keinerlei biographische Details von Vlad III. in Stokers Dracula wieder auftauchen. Schon dies allein sei auffällig, wäre sein Beiname „der Pfähler“ und der Hintergrund dieses Beinamens doch gerade zu prädestiniert für die Figur des Dracula gewesen. Eine genaue Studie von der einzigen nachweisbaren Quelle Stokers zur Namensherkunfts Draculas (William Wilkinsons An Account of the Principalities of Wallachia and Moldavia) würde zeigen, dass dieses sich hauptsächlich auf den Vater von Vlad III., der ebenfalls den Beinamen Dracula trug, bezieht. Der Grund, weshalb Stoker diesen Namen für seinen Vampir wählte, dürfte demnach allein in der in Wilkinsons Buch angegebenen, jedoch falschen oder zumindest ungenauen Übersetzung des Namens Dracula als „Teufel“ zu suchen sein.
Das gnadenlose Monster konnte zum Sympathieträger werden, weil es die Überwindung der aristokratischen Herrschaft symbolisierte. Der Aristokrat war bis zum Ersten Weltkrieg die wichtigste gesellschaftliche Autorität. Dracula als Graf mit dargestellter dämonischer Besessenheit, täuscht in seiner Person, den endlich entmachteten gnädigen Herren vor, um seine wahre teuflische Gestalt zu verbergen.
Wie Karl May ist auch Stoker niemals an den „exotischen“ Orten seines Romans gewesen. Er stellte umfangreiche Nachforschungen an und durchforstete Bibliotheken und Archive, vor allem die des Britischen Museums. Als Unterlagen dienten ihm Militärkarten, Vampirsagen (Sonne/Knoblauch meiden, lange Zähne, Blut trinken) und Berichte englischer Reisender. Seine Recherchen waren so genau, dass selbst die Zugfahrpläne, die im Roman genannt werden, mit der Wirklichkeit übereinstimmten. Diese und andere Daten entnahm er einem damals geläufigen Reiseführer, dem Baedeker für Österreich-Ungarn, der 1895 bereits in der 24. Auflage erschien. Bei einer solchen Akribie fallen die Fehler, die Stoker unterliefen, kaum ins Gewicht. So machte er aus Dracula einen Szekler, obwohl der historische Fürst ein Walache war. Auch schilderte er die transsylvanische Landschaft düsterer, als sie in Wirklichkeit ist.
Der österreichische Dokumentarfilm Die Vampirprinzessin stellte 2007 die Theorie vor, Eleonore von Schwarzenberg, eine Adlige aus dem böhmischen Hause Lobkowitz, solle für Stokers Roman als Inspiration gedient haben, da diese vom Volk als Vampirin gesehen worden sei.
Quelle: Wikipedia.de
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